Backstage

Luise ist 2. Vorsitzende des Vereins. Beim Zeltspektakel ist sie verantwortlich für den Backstagebereich. Jenem Bereich, der dem gewöhnlichen Konzertbesucher verborgen bleibt. Obwohl es Luise beruflich weiter Richtung Norden verschlagen hat, bleibt sie ihrem Verein treu. Sie übernimmt Aufgaben die auch aus der Ferne erledigt werden können und ist so oft wie möglich vor Ort in Winterbach. So auch an diesem Abend, an dem ich Luise treffe, um mich mit ihr über ihre Aufgaben zu unterhalten.
Wir haben uns in ihrer Wohnung verabredet, die sie noch immer in Winterbach hat. Ausgestattet mit dem Nötigsten an Möbeln. In der Mitte des Wohnzimmers ein runder Tisch. Darauf liegen Autoaufkleber, Werbebroschüren und ein Ordner mit diversen Anweisungen der diesjährigen Künstler. Daneben Luises Laptop und Handy. Und eine Liste mit Dingen, die Luise in den nächsten Tagen noch erledigen will.

Alles hat seinen Platz, so auch die Eintrittskarten. Damit sie sich nicht durchbiegen, werden sie von Gabi regelmäßig gewendet.

Heute Abend muss sie noch die Anzahl der Helfer- und Backstage-Ausweise festlegen. Das hat sie versprochen. Die wollen schließlich gedruckt und vorbereitet werden, damit am Festival klar ist, wer sich wo aufhalten darf. Dabei kann Luise auf die Erfahrungen der letzten Festivals zurückgreifen. Seit über 20 Jahren hat sie eine feste Rolle beim Zeltspektakel. Der Backstagebereich ist, wie das ganze Festival, mit den Jahren immer aufwendiger geworden. Man wolle natürlich jedes Mal noch etwas besser werden, verrät mir Luise. Aber auch Bestehendes wird optimiert. So wurde der Untergrund des Backstage Bereichs in diesem Jahr grundlegend überarbeitet. Uneben und oft auch sehr matschig war dieser Bereich in den vergangenen Jahren. Der Holzboden, der bisher deshalb immer verlegt wurde, war gar nicht mal so leicht zwischen all den Zeltabspannungen und Unebenheiten zu verlegen. Viel Zeit und Geschick war dafür erforderlich. Diese wertvollen Stunden möchte man sich dieses Jahr sparen. So wurde der Bereich kurzerhand eingeschottert und mit einer Drainage versehen. Der Holzboden wird durch feinen Splitt ersetzt. Anstelle der Bistro-Stühle werden kurzerhand eigens erstellte Palettenmöbel errichtet.

All das muss organisiert werden. Ebenso wie die Verpflegung der Künstler und deren Helfer. Jede Band hat dafür eigene Dokumente, in denen sie beschreiben welche Getränke für sie bereitgestellt werden sollen, wie die Garderoben ausgestattet und die Mahlzeiten geplant werden sollen. Diese Unterlagen hat Luise alle in ihrem Ordner abgeheftet. Seitenweise Text, den sie durch geht, überlegt, was machbar ist und Rückmeldung gibt, was nicht geht. Duschen gibt es beispielsweise, wie bei einem Festival durchaus üblich, nicht am Platz. Allerdings bietet ein Shuttleservice mit sympathischen Fahrern den kleinen Extraservice. Das sind Dinge, die in den meisten Fällen unproblematisch sind, so Luise. Rückgemeldet müssen sie allerdings dennoch werden.

Über die teils extravaganten Wünsche bezüglich Südsee-Wasser und speziellen Biersorten aus den USA kann Luise nur schmunzeln: »Trinken sie eine Flasche vom lokalen Bier, wollen sie nichts anderes mehr.« Beim Wein ist Luise streng, den gibt es nur aus dem Remstal. Schließlich gäbe es hier genug gute Weine, da müsse man nicht den südafrikanischen Wein im Supermarkt kaufen. Auch das war bisher noch nie ein Problem. Und trotzdem versuche man, vieles möglich zu machen. Örtliche Schneiderinnen seien schon engagiert worden, um Hosen zu kürzen, etliche Fahrten in den Waschsalon wurden organisiert und auch das nahe gelegene Musikgeschäft sei des Öfteren besucht worden. Manche Tour-Manager sind schon zum wiederholten Male in Winterbach zu Besuch und wissen, worauf sie sich verlassen können. Andere, die zum ersten Mal kommen, dürfen das noch lernen. Am Ende sei das Management in der Regel ganz umgänglich, meint Luise. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass Luise trotz ihres engen Kontakts mit den Künstlern immer noch sehr bescheiden geblieben ist. Sie berichtet ganz unaufgeregt von ihrer Arbeit. Auf Rückfragen zur Besonderheit dieses abgesperrten Bereichs reagiert sie fast schon beschwichtigend. Und trotzdem bleibt die Anspannung bis zum letzten Festivaltag. Ein Ausruhen ist für Luise erst nach dem Zeltspektakel wieder möglich. Auch in diesem Jahr kommen die großen Produktionen gleich an den ersten Tagen. Da bleibt keine Zeit für ein langsames einfinden. Gleich am ersten Tag muss das volle Programm abgefahren werden. Und das möglichst fehlerfrei. Damit dass gelingt, liest Luise Anweisungen, organisiert das Catering, erstellt Listen und plant Zeiten zum Aufräumen ein. Gerade Letzteres gestaltet sich oft nicht leicht. Wenn die Band vom Vortag erst morgens um 5 Uhr das Festivalgelände verlässt und die nächste Band bereits um 8 Uhr zum Frühstück anreist, dann gilt es für Luise und ihre Helfer alles zu geben, damit die Spuren des letzten Abends weggeräumt und alles sauber geputzt wird. Das Reinigungspersonal auf dem Gelände kommt nämlich erst zur Biergartenöffnung am Nachmittag.

Luise im Backstagebereich beim Zeltspekakel 2019

In enger Nachbarschaft zum Künstlerbereich auf dem Zelspektakel, steht das Helferzelt. Dort trifft man sich zum Essen, spricht mit anderen Helfern oder macht auch mal ein kurzes Nickerchen auf einer der Bierbänke. Aber auch Einkaufszettel werden hier geführt oder Werkzeuge gelagert. »Das Helferzelt ist die Schaltzentrale des Zeltspektakels« weiß Luise. Und damit das alles funktionieren kann und alle Helfer gut versorgt werden, gibt es ein eingespieltes Helferzelt-Team. Auch hier war Luise bei den vergangenen Festivals für die Planung verantwortlich. In diesem Jahr übergibt sie diese Arbeit an eine andere Person. Aber auch diese Übergabe will organisiert sein: Bereits im März wurden Arbeitspläne entworfen. In den nächsten Tagen wird Luise sich noch um die Einkaufslisten kümmern, damit am ersten Aufbautag auch alles Wichtige vor Ort ist.

Dass das Zeltspektakel ein wirkliches Herzensprojekt von Luise ist, wird auch dann klar, als sie zum Ende unseres Gesprächs vom großen Helfertreffen erzählt, bei dem die vielen Helferschichten besetzt wurden. Hoch motivierte Leute habe sie dort getroffen, aus unterschiedlichsten Generationen. Das sei schon toll anzusehen, wie viele Menschen da an einem Strang ziehen. Die gemeinsam alles geben, um dieses Festival auf die Beine zu stellen. Es herrsche viel Vertrauen im Ausschuss und gegenüber den Helfern, meint Luise. Verantwortung wird gerne übertragen, aber letztlich auch eingefordert. Dadurch sind die Leute super engagiert. Das sei für sie das Besondere am Zeltspektakel. Und dieses Gefühl komme so auch bei den Künstlern und den Besuchern an.

Von den Helfern lässt sich Luise dann auch gerne überraschen. Denn schließlich klappt es jedes Mal aufs Neue, dass fünf oder sechs ausgediente Sofas auf dem Festivalgelände landen, welche Freunde und Vereinsmitglieder genau zur Zeit des Zeltspektakels ausmustern. Allerdings könnte es in diesem Jahr mit den Teppichen eng werden. Aber auch dafür findet Luise sicher noch eine gute Lösung.

Viel Liebe zum Detail steckt im Backstagebereich des Zeltspektakels. (Foto: Frank Winger)

Fotos & Text: Beni Rupp